Camping Sikia, Kato Gatzea, N 30. 989 E 23. 10 981, 350 km, knapp 5 Std.
Mo., 20. Mai 19. Heute fahren wir die Sonne suchen. Kurz vor 10 Uhr geht’s zunächst langsam auf dem Holperweg durch den ärmlichen Ort Kromidovo mit den heimtückischen Bumps. Doch bereits nach 15 Minuten sind wir auf einer schönen Autobahn und nach einer weiteren viertel Stunde an der Grenze nach Griechenland. Vorher tanken wir nochmal voll, da der Sprit hier billiger ist. An der Grenze keine Wartezeit. Vignette brauchen wir keine, dafür sind die Autobahngebühren gesalzen. Bis Volos kommen 6 Kassierhäuschen und insgesamt zahlen wir 33,5 Euro.
Kurz vor Thessaloniki deutet ein Autofahrer auf unser Caravandach. Tatsächlich, das Dachfenster ist noch auf. Gott sei Dank hat es nur das Verdunklungsrollo zerfetzt, Fliegengitter und Fenster sind noch in Ordnung.
Da wir heute fast nur Autobahn fahren, sind wir schon nach knapp 5 Stunden in Kato Gatzea.
Camping Sikia
Der Platz ist sehr gut belegt, meist von Holländern. In der Rezeption spricht man gut Deutsch. Eine nette junge Dame begleitet uns zum einzig freien Stellplatz in Meeresnähe, ganz hinten am Camp. Schnell haben wir aufgebaut. Es hat 30 Grad und wir genießen die sommerlichen Temperaturen sehr.
Wenn der kleine Stellplatz vor uns (wir stehen in zweiter Reihe) am Meer frei ist, haben wir direkten Meerblick. Ein wunderschöner Anblick in Blau und Grün. Sichelförmig zieht sich das Piliongebirge als Landzunge herum und formt den Pagasitischen Golf. Der Gebirgszug ist über 1500 Meter hoch.
Lieblingsplatz zum Dinner
Di., 21. Mai 19. Die Taverna Sikia hier am Camp liegt direkt am Meer mit Blick auf Kato Gatzea. Hier feiern wir heute Franks Geburtstag nach und ich lade ihn ein. Wir haben einen kleinen Tisch, direkt am Strand, reserviert und sitzen herrlich unter alten Plantanten und Olivenbäumen. Ein lauer Abend bei Sonnenuntergang am kristallklaren Meer mit prima griechischer Küche. Zur Feier des Tages bestellen wir zunächst gefüllte Weinblätter und einen Pilion-Salat. Danach Fisch- und Meeresfrüchte, dazu eine Flasche Retsina. Zur Verdauung bekommt jeder Gast noch einen Ouzo oder Tsipouro aufs Haus.
Mi., 22. Mai.19. Kaffee-Trinken kann ganz schön lange dauern. Uns treibt nichts, wir lernen, gar nichts zu tun und die Zeit einfach verstreichen zu lassen. Wie jeden Vormittag versucht ein übergroßes Wohnmobil auf den kleinen Stellplatz vor unserer Nase einzuparken. Versuch missglückt, aber wir sind froh, da wir so immer noch freien Blick aufs Meer haben.
Shopping in Volos
Nachmittag will Frank ein neues Verdunklungsrollo für das Dachfenster basteln. Wir machen uns auf den Weg nach Volos, um einen Baumarkt zu suchen. Volos ist mit 85.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt von Griechenland. 1955 wurde die Stadt durch ein Erdbeben fast völlig zerstört. Sie wurde schachbrettartig wieder aufgebaut, modern und funktional – jedoch ohne Charme.
Google Maps führt uns hervorragend zu einem Praktiker Markt, der sehr gut sortiert ist. Wir finden ein Verdunklungsrollo für 10 Euro in der richtigen Breite, auch dickere Bolzen für das Bugrad und Lämpchen für die Rückleuchte. Unser Parkplatz ist gleichzeitig der vom Lidl. Ideale Kombi; heute Abend wird vor dem Wohnwagen geschlemmt!
In der Taverne ist heute Folkloreabend mit Tänzen und Musik des Pilion. Die drei jungen Paare in Tracht wirbeln über die Tanzfläche und man hat den Eindruck, dass ihnen das Tanzen so richtig Spaß macht. Abschließend sind dann alle Gäste zum Sirtaki eingeladen. Oh, die Schrittreihenfolge?? Ich habe leider nur Schlappen an und Frank tanzt nur Rock ’n’ Roll.
Piliongebirge mit dem Rad
Do., 23. Mai 19. Frank testet die Bergstraßen mit dem E-Bike, ich genieße das Meer. Zum Schwimmen ist es schon noch frisch. Ganz alleine in der kleinen Bucht stehe ich lange im Meer und nach einer Weile kommen viele unterschiedliche Fische angeschwommen.
Vor uns der kleine Platz ist derzeit der Einzige mit direktem Meerblick. Täglich quält sich ein Neuankömmling mit großem Wohnmobil rein und dann mühsam wieder raus, weil der Platz einfach zu schmal ist. Teilweise fahren sie mit der Deichsel bis auf wenige mm an einen deutschen Dauercamper und versperren ihm den Ausgang. Dieser sagt, er ist seit 10 Jahren hier, aber so etwas gab’s früher nicht. Jetzt mal ohne Vorurteile: deutsche Camper sind immer weitergefahren. Die, die unbedingt in die erste Reihe wollten, waren immer Holländer.
Fr. 24. Mai. 19. Heute hat sich der Platz sichtlich geleert. Die 20 Wohnmobile einer ACSI Reisegruppe sind auch weitergezogen. Aber schon stehen Reservierungshütchen auf den begehrten Plätzen. Der Camping Sikia ist aber auch ein ausgesprochen schöner Platz – sehr gepflegt. Die Straßen werden täglich gekehrt und die Grünanlagen gepflegt. Die sanitären Anlagen sind super intakt und sauber. Die Duschen mit großer Regendusche und Handbrause versehen.
Das gute Essen in der Taverne hatte ich schon erwähnt. Daeben gibt es einen kleinen Supermarkt. Über den Strand kann man nach Kato Gatzea bummeln und in einem der Restaurants direkt am Meer einkehren … wenn auch unseres am Platz die bessere Wahl ist. Nach Kala Nera auf der anderen Seite ist es auch nicht weit. Hier ist es noch mehr touristisch, aber es gibt einen ATM (Geldautomat).
Fahrt mit der Schmalspurbahn
Sa. 25. Mai 19. Einer der Hauptgründe, warum wir hier sind, ist die Dampfeisenbahnfahrt. So warten wir auf Samstag, denn im Mai fährt die Pilionbahn nur am Wochenende. Vor 115 Jahren verband sie das Bergdorf Milies im Herzen der Pilio-Halbinsel mit Volos. 1971 wurde sie stillgelegt, jedoch blieben stellenweise die Geleise erhalten. Seit 1985 steht die Schmalspurbahn unter Denkmalschutz und für die 15 km lange Bergstrecke von Ano Lehonia nach Milies braucht sie 90Minuten. Sie fährt über zwölf Brücken, Viadukte und durch einen Tunnel; die Fahrt soll märchenhaft schön sein. Wecker gestellt – in gut 10 Minuten sind wir schon am Bahnhof , bis zur Abfahrt um 10 Uhr ist noch reichlich Zeit.
Viele stehen schon auf den Bahnsteigen vor den abgesperrten Waggons und warten auf die Dampflok. Na, hoffentlich bekommen wir noch eine Fahrkarte. Vor dem Bahnhofsgebäude stehen auch einige Leute, aber keiner geht rein. Da sehe ich ein DIN A5 Blatt mit krakeliger Handschrift unten an der Bahnhofstür. „Kannst du lesen, was auf dem Zettel steht?“ Eine Schweizerin antwortet: „Es gibt heute keine Lokomotive. Vielleicht ist der Lokführer besoffen. Sie haben EU-Wahlen und hier auch Kommunalwahlen – ein neuer Bürgermeister wird gewählt.“ Enttäuschte Gesichter. Einige schauen noch durch die Fenster in die alten Holzwaggons und knipsen ein paar Erinnerungsfotos.
Und wir kommen doch zum Bergbahnhof
Planänderung: Dann nehmen wir eben unsere Drahtesel. Frank testet mein E-Bike: alles O.K., der Akku spricht an und er fährt voraus. Als ich aufsteige, ist die Anzeige für den Motor wieder tot. Ach neeee. Frank kommt bald zurück. Wir bauen beide Akkus aus, vergleichen, tauschen aus … es liegt eindeutig an dem Akku von meinem Radl. Die rettende Idee: Anruf bei Redbike in Nussdorf, wo wir die BH AtomX E-Bikes gekauft haben. Und sofort erfahren wir den Tipp: Akku rausnehmen, auf den Schalter drücken, bis die 5 Lämpchen kurz aufblinken, sofort loslassen und ….. es funktioniert wieder. Super Service vom Fachmann. Warum diese “ Wegfahrsperre“ bei mir aktiv war, wissen wir bisher noch nicht.
Zunächst radeln wir durch den Badeort Kala Nera, der schon recht lebendig wirkt und anschließend durch lange Olivenhaine. Nach dem beschaulichen Teil ein steiler Anstieg – ich schalte auf Gang Rot, drehte kräftig in die Pedale und blitzschnell steh ich kurz vor der Hauptstraße, auf der just ein Auto kommt. Rechts in die Standspur abbiegen geht nicht, da steht Frank. Also bleibt nur noch Vollbremsung. Ich weiß jetzt, ich muss das Verhalten meines E-Bikes erst noch besser kennenlernen. Unbedingt. Bei der Vollbremsung haut‘s mir den Hinterreifen mächtig hoch in die Luft und ich seh mich schon kopfüber auf der Straße vor dem Auto liegen … im letzten Augenblick springe ich aus dem Sattel und komme zum Stehen. Gott sei Dank.
Nach einer kurzen Verschnaufpause zittern die Knie nicht mehr und die Fahrt hoch ins Pilion ist sehr schön. Die 450 Höhenmeter merkt man mit diesen E-Bikes überhaupt nicht. Jetzt bin ich sehr froh, dass ich auch so ein Supergefährt habe. Schöne Aussichten aufs Meer und im Mai ist wenig Verkehr auf der Bergstraße. Der Name Milies bedeutet ‚Apfelbäume‘. In der Taverne am Bahnhof kehren wir ein. Frisches Quellwasser gibt es umsonst. Im Halbschatten eines riesigen Ahornbaumes höre ich dem Plätschern der Quellen zu, schließe die Augen und kann so richtig gut entspannen. Ein paar Meter weiter unten wären wir heute mit der Bahn angekommen. Wir schauen uns die alte Drehscheibe an, auf der die Lokomotive nach der Ankunft von den Bahnreisenden per Muskelkraft gedreht wird. Schade, wäre interessant gewesen. Sollten wir noch einen Tag länger bleiben, und es am Sonntag nochmal versuchen?
Die Abfahrt von Milies ist rasant und die Ausblicke wunderschön. Nur vor freilaufenden Hunden muss man sich in Acht nehmen, sie jagen Fahrradfahrer.
Abschiedsessen nochmal in der Taverne am Sikia mit herzlicher Verabschiedung. Und jetzt ist es nicht nur ein Gefühl, sondern ganz klar: am Sonntag fährt die Pilionbahn auch nicht. „Das ist Griechenland“