Do, 9. Mai 19. Heute ist endlich schönes Wetter und es fällt schwer, jetzt abzureisen. So trödeln wir lange rum und kommen erst um 9 Uhr weg. 350 km ,sagt Frau Navi, wären es nach Berca im Osten Rumäniens und wir wären um 15 Uhr dort.
Zunächst fahren wir vorbei an vielen, großen Schafherden, selten auch Kühe. Ackerbau ist nicht ersichtlich. Überall Polizeiautos; der EU-Kongress in Sibiu will überwacht sein. Die Straße sieht eben aus, man hat aber das Gefühl, auf einem Schiff bei hohem Seegang zu sein. Vorbei an vielen einfachen Dörfern mit den typischen, geschlossenen Häuserzeilen. Meist eingeschossig mit zwei Fenstern zur Straße, direkt am Haus eine Mauer mit großem Tor für ein Pferdefuhrwerk und sofort anschließend das nächste Häuschen. Manchmal kann man einen Blick hinter die Tore werfen und sieht reich bepflanzte Gärten oder sogar Felder. Zigeunerfrauen in leuchtend bunten Kleidern und Tüchern. Sie gehen selbstbewusst, aufrecht und voll positiver Ausstrahlung.
Den Außenbezirk von Brasov erreichen wir schon nach einer guten Stunde und dann kennt sich Frau Navi wieder mal nicht aus. Zwei Stunden später sind wir endlich nach einigen Kehrtwendungen auf Kurs, Straße 10. Die Strecke ist nun sehr schön, reizvolle Landschaft in frischem Frühlingsgrün.
Wegen der vielen Ortschaften und Kurven kommen wir nur langsam voran, aber es ist unterhaltsam.
Um 16:15 Uhr sind wir in Berca, aber die letzten 14 km zu den „Volcanii noroiosi” kann man größtenteils nur noch im Schritttempo fahren.
Camping Muddy Land
Den Campingplatz Muddy Land gibt es also doch noch, vermutlich unter neuer Führung. Wir finden einen einigermaßen geraden Platz und genießen die Abendsonne.
Frank leiht und erklärt den rumänischen Nachbarn seinen SAT Finder. Zum Dankeschön steht ein großes Wasserglas sebstgebrannter Schnaps bei uns und dazu ein rumänisches Bier.
Wenn ich es gekonnt hätte, hätte ich gerne nach dem ersten Schluck aus dem Schnapsglas ein Selfie geschossen. Aus Mund und Ohren müssen Flammen geschlagen haben? Ich hab´s überlebt! (Anm. d. Ehem.)
Versorgung am Camp
Das Waschhaus bietet einen winzigen Vorraum mit kleinem Waschbecken, dahinter pro M/W ein Hockklo. Der Bewegungsmelder ist eingangs praktisch, doch, wenn man unten hockt und er ausgeht, ist es stockfinster. Beim nächsten Mal nehme ich eine Taschenlampe mit. Ganz vorne an der Tür bei einer gewissen aufrechten Stellung geht das Licht dann wieder an, aber diesen Spagat schaffe ich nicht. Langsam kommt ein Muskelkater, aber kein Erfolg. Duschen kostet 5 Lei. Der Duschraum ist zwar groß, aber keineswegs einladend bei der Kälte.
Frank will den Fäkalientank ins Stehklo schütten. Das sieht der Chef, kommt daher, stellt den Tank auf ein kleines Mäuerchen, springt darüber und aus der Wiese steht ein 10-er Rohr heraus. Dahinein leert er den Tank, spült mit Wasser aus, kippt nochmal alles in das Rohr und gibt ihn dann zurück. Diesen Service hatten wir noch nie.
Es gibt fünf verschiedenfarbige Mülltonnen, aber die Trennung gibt es nur nach außen hin. Macht man den Deckel auf, ist überall alles zusammen drin. Aber das ist ein Problem des Publikums.
Weitere Nachteile des Platzes sind:
- Die Zufahrt ist sehr schlecht. Für die 14 km ab Berca braucht man fast eine halbe Stunde
- Die schönsten Plätze sind von Dauercampern belegt, die anderen in den hinteren Reihen sind ziemlich schief und krumm
- Chef und Personal sprechen schlecht Englisch
- Es gibt keine Website mehr. Fehler 404
Positiv ist:
- Nagelneue Stromversorgung an einer Säule in der Mitte
- Zwei 50 Meter lange Wasserschläuche, so dass fast jeder seinen Wassertank bequem auffüllen kann
- WLAN hat super schnell funktioniert
- Die Lage ist klasse, der neue Chef sehr engagiert und er versucht, den schlechten Ruf vom alten Mudddy Land zu verbessern. Der Anfang ist gemacht, das Restaurant wird ausgebaut und es soll ein neues Sanitärgebäude geben.
Es ist gleich 8 Uhr und Appetit meldet sich an. Der platzeigene Kiosk hat scheinbar nur Käse-Schinken-Toast und das ist mir als einzige Mahlzeit heute zu wenig. So setzen wir uns nochmals ins Auto und fahren 5 km zur Pension gegenüber.
Restaurant bei den Schlammvulkanen
Bei den kleinen Vulkanen ist ein Komplex mit Pension und Restaurant und dort gibt es auf dem hinteren Parkplatz kostenlose Stellplätze. Hier soll man gut essen können.
Wir haben Glück. Obwohl kein Mensch mehr da ist, machen sie für uns nochmals die Küche auf. Die sehr freundliche Bedienung erläutert uns mit recht gutem Englisch und etwas Deutsch die ganze Speisekarte. Wir bekommen zwei große Schüsseln wirklich guter Suppe, danach Hühnerschnitzel gegrillt, dazu Kartoffeln und 2 Bier. Aufs Haus gibt’s noch zwei warme Palatschinken mit Pflaumenmus als Geschenk. Frank gibt reichlich Trinkgeld und zahlt zusammen nicht einmal 10 Euro. Sehr zu empfehlen, die Küche hier. Wermutstropfen: die stinkenden Hock-Toiletten.
Fr., 10. Mai 19. Es regnet. Heute ist der schlechteste Tag in dieser Woche, da wo wir gerade sind. Kismet. Vormittags lässt der Regen nach und wir wollen die Schlammvulkane besichtigen. Der Weg geht direkt neben unserem Wohnwagen los. Ein Paar aus Österreich kommt uns entgegen und erzählt, dass der Eingang heute gesperrt ist, weil es wegen des Regens zu glitschig ist. Irgendwie Pech gerade. Nachmittags wird es besser und wir wandern den Hügel hoch. Vielfaltige Pflanzenwelt, Salbei, verschiedene Irisarten, Geranium, viele Kräuter und die unterschiedlichsten Vögel zwitschern kräftig. Leider sind die zahlreichen Walderdbeeren noch nicht reif. Nach eine guten viertel Stunde sind wir am Eingang und für 4 Lei (weniger als 1 Euro) dürfen wir auch mit ganz normalen Sportschuhen rein.
Die großen Schlammvulkane „Paclele Mici”
Das Gebiet von 30 km² steht unter Naturschutz. Das Gelände sieht aus wie eine Mondlandschaft, hier wächst rein gar nichts. Aus zahlreichen Kegeln gluckert Schlamm sprudelnd heraus und teilweise ist es sehr rutschig.
Anfangs war jeder Schlammvulkan ein Loch im Boden und Erdgas beförderte tonigen Schlamm aus der Tiefe nach oben. Im inneren des Schlammvulkans blubbert es munter weiter und die Gase aus 3.000 m Tiefe treten als mehr oder weniger große Blasen an die Oberfläche. Es riecht leicht nach Schwefel. Ich tauche einen Finger ein. Die flüssige graue Masse ist kalt und unauffällig. Sehr faszinierend, diese sprudelnde Kraterlandschaft.
Die kleinen Vulkane „Paclele Mari”
Am späten Nachmittag fahren wir nochmal hoch, um die kleinen Vulkane zu besichtigen. Der Herr an der Kasse warnt: nicht rauchen, vorsichtig laufen und nichts anfassen. Ups, das hab ich vorhin getan; hat glücklicherweise nicht geschadet. Bei den „Paclele Mari” findet man zwar wenige, dafür aber größere Exemplare. Super weich läuft es sich hier, wie mit Gummi gepolstert und der Boden sieht aus wie eine alte Elefantenhaut. Teilweise sind tiefe Rillen geformt worden und man muss über Gräben springen.
Tiefschwarze Wolken und starker Wind machen die Besichtigung kurz. Eigentlich wollten wir hier wieder zu Abend essen, aber das Lokal hat heute keine Tischdecken aufgelegt und es ist niemand zu sehen. Wir schaffen‘s grad noch zum WoWa, dann schüttet es wieder wie aus Kübeln. Gut, dass wir die E-Bikes nicht ausgepackt haben.
Der Chef vom Camp hatte uns mehrmals zum Abendessen hier animiert. Die Küche wäre gut, Suppen Würstel usw. würden sie kochen bis spät abends. Jetzt wollen wir das gerne testen, aber es ist alles verrammelt. Die Hackfleischsoße von vorgestern im Kühlschrank ist bestimmt noch in Ordnung und reicht auch, denn der rot-weißen Schnurre-Katze habe ich nur ¼ davon gegeben.
Schreck in der Abendstunde
So gegen 22 Uhr stürmt Frank aufgeregt herein, sucht hastig nach der Taschenlampe und murmelt: „Ein Bär bei uns am Wohnwagen“. Zuerst denke ich, er will mir einen Bären aufbinden. Wir leuchten die Wiese ab und der Bär ist verschwunden, aber er war da. Jetzt verstehe ich auch, warum der Platz nachts so grell beleuchtet ist. Nicht nur der Weg zum Waschhaus, auch das private Wohnhaus hoch am Hügel sind hell beleuchtet und vor allem der geschlossene Kiosk ist rundum mit grellen Neonlichtern umrahmt .Der große Fernseher beim Aufenthaltsraum läuft in der Nacht. Ich habe keine Angst vor Bären.
Sa., 11.Mai 19. Gezahlt haben wir schon. Am Laufschild steht 80 Lei, wir zahlen 45 Lei (ca. 10 Euro) die Nacht. Im Kiosk gibt es homemade Palinka ( selbstgebrannter Schnaps ), soll helfen bei allem Möglichen, weil er gut 70% hat. Wir bestellen zwei halbe Liter und bekommen zwei ganze. Egal, der hält sich ja!
Shit happens
Heute mussten wir das Vorzelt nass einpacken. Frank fährt den Wohnwagen mit Mover aus der Wiese und dreht das Bugrad noch etwas hoch. Mein Blick bleibt am Rad hängen und ich denke wiederum: ich hätte die neuen E-Bikes zu Hause gelassen; ich starre auf die Deichsel mit einem komischen Gefühl. Auf einmal: kratsch, das Rad kracht zu Boden, der Wohnwagen geht in die Knie und liegt mit der Deichsel tief auf der Straße. Frank reagiert sofort und holt die Makita, um die Stützen hochzufahren. Unser rumänischer Nachbar ist auch sofort zur Stelle und hievt den Wagen mit hoch. Als er wieder steht, sehen wir, dass einer der beiden Bolzen, mit dem das Bugrad an der Deichsel befestigt war, abgeschert ist. So einen haben wir nicht in Reserve. Der hilfsbereite Nachbar übersetzt und der Platzchef findet eine fast passende Schraube. Ab jetzt transportieren wir das schwere Bugrad während der Fahrt lieber im Wohnwagen.