Südküste Bulgarien

Di., 14. Mai 19. Zum Camping Atliman bei Kiten sind es nur 200 km. Abfahrt um 9:30.

Auf Straßenschildern steht die Laufschrift: „drive carefully, somebody loves you“. Die Straße ist gut ausgebaut, aber an jedem Abzweig auf 60 km/h beschränkt. Männer mit orangefarbigen Westen sammeln am Straßenrand Müll. Da, wo sich Touristen bewegen, macht alles einen sehr sauberen Eindruck. Bei Obzor und Burgas kommt ein Aquapark nach dem anderen – riesige Anlagen. Einige sehr hohe Wasserrutschbahnen werden unten ca. 5 Meter breit und gehen dann steil mehrere  Meter hoch wie Skaterbahnen. Nach 4 Stunden Fahrt sind wir in Kiten.

Camping Atliman

Dieser Platz wurde ausgewählt, weil er angeblich die neuesten und besten Sanitäranlagen an der bulgarischen Schwarzmeerküste haben soll. Als wir ankommen, sind nur ein paar Bauarbeiter zu sehen. Der Campingchef ist auch da und bietet uns einen Platz an. Dann tragen zwei Männer lange Holzpaletten vor unseren Wohnwagen, so dass wir jetzt eine Terrasse haben. So etwas hatten wir bisher auch noch nicht. Sehr komfortabel.

Die Sanitäranlagen sind wirklich brandneu. Im Freien 4 Außenduschen und Waschbecken mit kaltem Wasser. Die kreisrunden Waschbecken sind aus Edelstahl und in jedem Abfluss liegt eine weiße Kugel, die nach Mottenpulver riecht. Im Inneren des Containers 2×2 WC-Kabinen, die gleichzeitig als Duschraum fungieren mit Warmwasser. WC Papier gibt es nicht; man darf diese eh nicht in die Toiletten werfen, da diese extrem schwer ablaufen.  Da der Platz für 150 Stellplätze ausgelegt ist, steht ein zweiter Sanitär-Container mit 3-WC/Dusch-Zellen im hinteren Teil. Der Platz hat Schatten durch hohen Baumbestand, aber alles auf einer großen Fläche. Nehmen wir Rücksicht darauf, dass der Platz ganz neu ist und erst noch weiter verbessert wird. Restaurant und Supermarkt wirken steril und pflegeleicht – ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich hier mal wohlfühlen könnte.

Resümee

  • Brandneue Sanitäranlagen. Der Weg zum Waschhaus ist teils beschwerlich, weil größere Granitsteine auf dem Weg wegkippen.  Die Bewegungsmelder funktionieren hervorragend. Auf dem Weg zur Damentoilette sind mindestens 7 Stück hintereinander geschaltet. Im WC ist es sehr hell – fast grell weiß. Die fensterlosen WC-Kabinen haben eine sehr starke Entlüftung, so dass es drinnen einige Grade kälter ist als draußen. Bei Außentemperatur von 14 Grad nicht angenehm.
  • WC/Duschtüren lassen sich nicht absperren
  • WLAN in der Nähe der Rezeption ist schnell wie nie
  • Die Steckdosen sind der Hammer: pro Anschluss eine 3-fachSteckdose und die Absicherung???
  • Wasseranschlüsse und Spülbecken auf den Platz verteilt sind sehr praktisch
  • Kiten kann man zu Fuß erreichen (im Mai 19 war halb Kiten eine Baustelle, Straßen aufgegraben, die Meile mit Shops und Läden war noch zu, kein einziges Restaurant hatte geöffnet, „Schön“ ist anders)
  • Der Kaffee schmeckt bitter und sauer, das kann nur am Wasser liegen

Abends wird von irgendjemandem das Tor zugemacht und wir sind alleine.

Di., 14. Mai 19. Morgens ein riesen Krach am Platz. 5 LKW’s sind zu Gange und bohren nach Wasser. Der Chef kommt vorbei und kassiert 40 Euro für 2 Nächte. Das ist der normale Hochsaison-Preis incl. Kurtaxe, geöffnetem Lokal und Supermarkt. Für unsere Übernachtung auf einer lauten Baustelle eine freche Unverfrorenheit.

Ausflug zum touristischen Highlight

Als gedachter Stützpunkt, um Nessebar zu besichtigen, ist der Platz auch nicht gerade geeignet. Wir fahren 1 ¾ Stunden zurück nach Norden. Die Städte unterwegs sind nicht schön. Sozialistischer Plattenbau, viel Rost und vergammelter Beton. Die Straße schaukelt und rüttelt.

Nessebar wurde im späten 6. Jahrhundert vor Christi von den Griechen auf einer Felseninsel gegründet. Die Stadt hatte eine eigene Flotte, eine Festung, mehrere Theater und Tempel der Götter Apollo, Zeus, Hera, Dionysos usw. Von den 40 Kirchen sind nur noch ein Dutzend erhalten. 1900 hatte die Stadt nur noch 1.900 Einwohner, fast ausschließlich Griechen. Danach übersiedelte eine große Anzahl bulgarischer Flüchtlinge, die aus dem Norden Griechenlands und der Türkei vertrieben wurden. Nessebar wurde von der UNESCO  in den Katalog Welt-Kultur und Naturerbe aufgenommen.

Über einen ca. 400 Meter langen Damm kommt man zur Halbinsel und wir finden schnell einen Parkplatz am Hafen. Typische Häuser: Untergeschoss aus dicken Steinmauern, obere Stockwerke aus Holz. Unten waren Vorrats-Keller, oben der Wohntrakt.

Leider hat der Tourismus die alte Stätte negativ verändert. Dauert werden wir angequatscht von Frauen, die uns bunte Perlenketten andrehen wollen oder sonstigen Schund. Man kommt an keinem der ca 40 Restaurants vorbei, ohne dass ein Gästefänger einen bedrängt und irgendwas von 10 Prozent murmelt. Trotz Vorsaison und trübem Wetter sind Scharen von Touristen unterwegs und auch viel Autoverkehr versperrt den Blick auf historische Gemäuer. Jede der zahlreichen Kirchen kostet zusätzlich Eintritt zwischen 1 und 3 Euro pro Kirche. Die wenigsten Touristen zahlen, knipsen ein Foto oder Selfie von außen und ziehen weiter. Souvenierläden mit Kitsch, alles zugepflastert mit Läden, billiger Kommerz ohne Ende. Früher war es hier bestimmt mal sehr sehenswert.

Nach einer knappen Stunde haben wir genug vom Rummel, die Preise in den Restaurants sind 3-mal so hoch wie üblich. Der Parkwächter kassiert für 2 Stunden und kapiert unseren Einwand nicht.

Sosopol

Hat eine ähnliche Geschichte wie Nessebar, wird aber in Reiseführern nicht so beworben – und das ist auch gut so.  Uns hat die Stadt viel besser gefallen, voller Charme und Beschaulichkeit. Wie Neubauten an den alten Stil angepasst werden, ist bemerkenswert.

Besonders die alten Festungsmauern am Meer sind beeindruckend. Wir finden ein schönes Lokal im italienisch-französischen Stil und essen vortrefflich ( zum halben Preis).

Der Strand am Camping Atliman

Zurück am immer noch einsamen Campingplatz gehe noch einmal zum Meer. Gestern kam mir schwanzwedelnd ein Hund entgegen und wollte gestreichelt werden. Heute hängt er neben dem Wohnwagen einer Frau und kläfft mich böse an. Die Frau erklärt mir, sie haben ihn gestern unter einem leeren Wohnwagen entdeckt und jetzt gehöre er ihr.

Der Strand ist klein, weil er von einem einfließenden Bach vom großen Strand Atliman abgetrennt ist. Was in den Bach abgeleitet wird, weiß ich nicht. Das Meer wirkt flach und wenig einladend, was auch am trüben Wetter liegen kann.

Ist schon komisch, wenn man ganz alleine auf einem riesigen Campingplatz ist. Kein Mensch, mit dem an reden kann. Im Dickicht hinter dem Maschendrahtzaun winseln kläglich Hunde.

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