Di., 28. Mai 19. Um 9:40 verlassen wir CP Isthmia bei Korinth.
Nächstes Ziel: Mani Beach Camping, Gythio, N 36.72539, E 22. 38 20 36, 190 km, 3 Std.
Die Autobahn nach Tripoli ist super ausgebaut und landschaftlich die bisher schönste Strecke. Hinter jeder sanften Kurve eröffnet sich eine neue Komposition von eigenwilligen Hügeln oder schroffen Bergspitzen. Fast wie in einem Film zieht die Landschaft an uns vorüber – reiche Pflanzenvielfalt und mannigfach hintereinander geschichtete Berg-Silhouetten. Der Jeep fängt langsam an zu schwitzen wegen des ständigen Anstiegs.
Natürlich wieder die Kassenhäuschen! Innerhalb einer Stunde 6,35 + 6,05 + 4,9 + 7,35 = 24,65. Die Landstraße soll aber landschaftlich noch viel schöner sein! Nach Sparta sind’s noch 50 km und um 12:45 sind wir schon angekommen.
Mani Beach Camping
Während ich noch bei der Anmeldung bin, ist Frank schneller als ein Engländer und ein Österreicher und ergattert so den schönsten Stellplatz am Meer. Haben wir ein Glück!
Doch 2 Stunden später weht‘s uns alles Mögliche um die Ohren. Die Fahrräder kippen um, das Vordach zittert beängstigend, obwohl alle Seile dreifach mit Spanngummis stabilisiert sind.
Abendessen
Das Restaurant am Platz hat noch geschlossen, aber gleich nebenan ist Taverne „Takis“ …. Der Wirt macht lustige Späßchen auf Deutsch und reicht uns eine reich bebilderte Speisekarte mit 9 Vorspeisen. Die drei verschiedenen Käse auf Peperoni schmecken klasse. Danach bittet uns der Wirt in die Küche: „Hier kocht meine schöne Frau“. Diese öffnet die Ofentür, zieht 6 verschiedene Schubladen auf, öffnet die Topfdeckel am Herd und erklärt uns die verschiedenen Gerichte. Es gibt z.B. gegrillte Paprikaschoten, Fisch, Schweinebraten, Hühnchen im Käsemantel, ein vegetarisches Gericht und geschmortes Lamm. Zu meiner Überraschung wählt Frank auch die Paprikaschoten. Mir schmeckt es ganz hervorragend. Zum Abschluss bekommt jeder Gast noch einen köstlichen Nachspeisenteller mit fünf verschiedenen Früchten und kleinen Krapfen mit Zimthonig. Wasser gibt es auch gratis und danach noch einen Uozo oder Tresterschnaps Tsipuro aufs Haus. Für alles zusammen plus 2 Bier, einen halben Liter Rotwein und einen viertel Weißwein rechnet der Wirt pi mal Daumen gesamt 30 Euro. Wir haben mit dem Doppelten gerechnet. Mal sehen, was wir morgen zahlen.
Mi., 29. Mai 19..Frank macht seine übliche Ersterkundungstour per Rad und ich eine Strandwanderung nach Süden. Das Meer ist tiefblau und noch kalt; niemand bleibt lange im Wasser. Der Sand ist sehr fest und mir wird später auch klar, warum.
Ständig Wind
Jeden Nachmittag dreht der Wind auf. Es bläst hier so ein stürmischer Wind, dass es den lockeren Sand wegweht. Der Hut fliegt mir vom Kopf, mir kommen die Tränen, der Wind peitscht Sandkörner gegen meine Beine und es fühlt sich an wie lauter Nadelstiche. Wirklich kein Vergnügen – ab in den Wohnwagen. Frank hat die Fahrräder festgebunden und die Tischdecke mit Spanngummis festgezurrt. Sogar für die Surfer ist es zu stürmisch. Jetzt haben wir den schönsten Stellplatz hier am Meer, aber auch den zugigsten. Nichts auf der Welt ist vollkommen. 🙁
DO., 30. Mai 19. Unsere E-Bikes sind wirklich super. Die Anstiege bei Gythion nehmen sie locker ohne Anstrengung und wir ernten viele bewundernde Blicke. Manch einer fragt, ob er ein Foto machen dürfe. Gythion ist eine Kleinstadt am mittleren Finger des Peloponnes am Eingang der Mani. Die Hafenstadt ist nicht besonders schön. Auch hier sind die historischen Gebäude einem Erdbeben zum Opfer gefallen. Im 4. Jhd. N. Chr. versanken große Teile der Stadt im Meer. Die lange Hafenpromenade bietet viele Restaurants und Tavernen und um diese Jahreszeit hat man noch die freie Platzwahl. Frank war nur einziges Mal einkehren, weil ein Bier stolze 5 Euro kostete.
Schiffswrack Dimitrios
Vom Hafen aus kann man ein interessantes Schiffswrack sehen. Mit dem Rad ist es ein leichtes, diesen Blickfang zu finden. Über den 67 m langen Frachter gibt es verschiedene Geschichten. Eine erzählt, dass der Kapitän schwer krank wurde und das Schiff 1980 im Hafen von Gythio anlegen musste. Es kam zusätzlich zu Problemen mit dem Motor und der Finanzierung der Heuer und der Versicherung. Nach einem Jahr wurde es aus dem Hafen geschleppt und auf dem Meer verankert. Bei einem Unwetter löste sich die Verankerung und die Dimitrios wurde an den heutigen Standort getrieben und strandete. Eine andere Geschichte erzählt von einem Schmugglerschiff, das Zigaretten von der Türkei nach Italien verschob. Bei einer Verfolgungsjagd durch die Polizei soll es gestrandet sein. Es wurde dann die gesamte Ladung Zigaretten geplündert und, um die Beweise zu vernichten, in Brand gesteckt.
Auf uns wirkt es wie ein Seeräuberschiff, das die Phantasie beflügelt. Auf Bildern haben wir es festgehalten; es ist stark verrostet und wird wohl bald auseinanderbrechen.
Manirundfahrt
Fr., 31. Mai 19. Mani nennt man den Mittelfinger und südlichsten Teil des Peloponnes. Eine wilde, sehr rauhe Gegend, die nicht mal von den Türken erobert werden konnte. Die starren, massiven Steinhäuser wurden nach militärischer Stratigie gebaut,- hoch, mit kleinen Fenstern, dicke Mauern zum Schutz und zur Verteidigung. Es war ein hartes Leben hier und es galt die Tradition der Blutrache. Gekämpft wurde viel. Ein Familienkrieg wurde durch Läuten der Kirchturmglocken angekündigt. Die Streithähne mussten sich oft monatelang hinter den dicken Mauern verschanzen. Durch die Schlitze der Fenster wurde geschossen oder heißes Öl auf die Feinde gegossen, manchmal auch mit Felsbrocken geworfen. Zum Bau für die bis zu 20 m hohen Turmhäuser waren genug Steine vorhanden, aber kein Holz. So kaperten die Manioten hin und wieder ein Schiff und kamen so zum nötigen Baumaterial.
Mit dem Jeep kann man bestimmt mehr erkunden, vor allem auf engen Nebenstraßen. So haben wir unsere Wohnmobil Nachbarn aus der Schweiz zum Mitfahren eingeladen. Wir halten uns ganz im Westen der Mani, auf den ganz kleinen Straßen,die oft auch für einen Geländewagen etwas abenteuerlich sind. Zunächst gehts vorbei an den drei südlichsten Campingplätzen, die für uns aber sicherlich keine Alternative sind.
Die Straße schraubt sich hoch und runter mit atemberaubenden Blicken auf schöne Buchten, kleine Fischerhäfen und tintenblaues Meer. Einmal geraten wir in eine Sackgasse und sogleich hat uns eine kontaktfreudige alte Dame aus Deutschland entdeckt, die hier – was ganz selten sein soll – eine Mietwohnung gefunden hat. Die meisten Häuser werden von den Griechen nur ein paar Wochen als Ferienwohnung genutzt und stehen leer. Sie schimpft über deutsche Nebenkosten und das System überhaupt. Hier lebt sie in Ruhe und hat den ganzen Tag Blick über das blaue Meer.
Ansonsten sieht man keine Leute auf den Straßen; ich konnte nicht herausfinden, wie viele Einheimische hier noch wohnen und von was sie leben. Es herrscht Wassermangel, man sieht keine Gärten, keinen fruchtbaren Boden, vereinzelt ein paar Ziegen. Früher überlebte man wahrscheinlich durch Piraterie. Die wehrhaften Steintürme mit den kleinen Fensterschlitzen sehen auch nicht gerade komfortabel aus und es ist ein sehr weiter Weg bis zum nächsten Laden.
Ehemalige Piratenbucht Porto Kaigo
Eine Mittagspause für unseren tapferen Fahrer, der uns langsam, aber dafür sicher um die unübersichtlichen Kurven der Steilküste bringt, ist längst fällig. In der ehemaligen Piratenbucht Porto Kagio kehren wir ein. Eine eigenartige Ruhe und Schönheit umgibt diesen südlichsten Ort Griechenlands.
Langsam und sicher! Man stelle sich eine Straße vor, die etwa 10cm breiter ist als das eigene Fahrzeug. Kein Bankett, keine Leitplanken! Auf der einen Seite senkrechte Felswand, auf der anderen Abgrund. Das Ganze noch mit engen Serpentinen. Und das Alles mit einem Fahrer, der unter akuter Höhenangst leidet! Danke, einmal hat´s gereicht! (Anm. d. Ehem.)
Hier sieht man den Leuchtturm von Kap Tenaro, dem südlichster Festlandpunkt Europas. Dort soll, gemäß der griechischen Mythologie, in einer Höhle der Eingang zum Hades sein.
Rückweg
Wir fahren weiter hoch an der Ostküste entlang. Die bekannteste Türmestadt ist Vathia. Hier gab es wohl den längsten Streit zwischen Familien; die Fehde dauerte 40 Jahre und kostete 400 Tote, so sagt man. Viele der zahlreichen Wohntürme wurden zu Pensionen oder Hotels umgebaut.
So viele Fotostopps wie anfangs machen wir jetzt nicht mehr, denn wir wollen noch eine Tropfsteinhöhle besichtigen.
Diros Caves – die Tropfsteinhöhlen von Pyrgos-Dirou
Eigentlich hätte die Höhle um 15 Uhr schon geschlossen, doch der Wärter am Kassenhäuschen lässt uns noch rein, mit Ermäßigung für EU-Bürger ( auch für die Schweizer, weil sie aus einem Auto mit deutschem Kennzeichen ausgestiegen waren). Nach der Kasse kann man weiterfahren zum unteren Parkplatz und man organisiert noch ein letztes Ruderboot für uns, Dutzend andere liegen still im unterirdischen See. In der Hauptsaison sollen hier bis zu 1500 Menschen täglich durchgeschleust werden. Anstatt der Schwimmwesten hätten wir besser einen Helm gebraucht. Oft ruft die hintere Besatzung: „Kopf“ und alles duckt sich. Es geht immer tiefer in die engen Gänge des Höhlenlabyrinths, Da wir das einzige Boot sind, ist es ganz still. Bizarre Stalaktiten, die ihre Spiegelbilder gestochen scharf ins Wasser werfen, so dass man Gefühl für die Orientierung völlig verliert. Stalagmiten, die vor Millionen von Jahren entstanden sind. Was verbirgt sich wohl in der Dunkelheit außerhalb der beleuchteten Strecke? Leider gibt es die Erklärungen nur auf Griechisch.
Die Bootsffahrt auf dem unterirdischen See geht in Schleifen über 1,5 km und dauert ungefähr eine halbe Stunde. Danach geht man noch 10 Minuten zu Fuß an Tropfsteinen vorbei, treppauf und treppab. Auch hier Magie von Farben und Formen.
Der Diros-Höhlenkomplex wurde erst 1949 erkundet. Bisher hat man über 2.800 Wasserwege gefunden, die sich über 15 km ausbreiten.Es wurden bereits faszinierende Funde gemacht z.B. das Fossil eines Nilpferdes aus dem späten Pleistozän, vor etwa 32.000 Jahren?? Für mich kaum zu glauben. In einer Nachbarhöhle hat man die gut erhaltenen Mumien eines Paares in Umarmung gefunden, die 5.800 Jahre alt sein sollen. Man vermutet die größten neolisthischen Grabstätten in Europa.
Ein erlebnisreicher Tag geht zu Ende und durch die Begleitung der Schweizer Weltenbummler wurde es noch viel spannender und unterhaltsamer. Danke fürs Zusammensein. Vielleicht trifft man sich ja wieder mal, irgendwo und irgendwann.
Sa., 1. Juni 19. Noch ein Tag zum Ausruhen für Frank nach der kurvigen Fahrt an der Steilküste der Mani. Das Wetter ist heute trübe und so kommt man nicht auf die Idee, irgendetwas zu unternehmen. Der Camping Mani Beach ist wirklich ein sehr sympathischer Platz mit netten, meist deutschsprachigen Leuten. Jeder grüßt sich und tauscht sich aus. Der Wind bläst wieder gewaltig und mittlerweile haben sich alle Camper aus der ersten Reihe nach hinten verzogen. Wir sind die einzigen, die dem Sturm trotzen, dick vermummt mit Kapuze und Halstuch. Abends Abschiedsessen in Takis Taverne. So was von gut und preisgünstig werden wir so schnell nicht wiederfinden. Das Willkommen und „griasdi“ vom Wirt wird immer herzlicher mit deftigen Umarmungen. Besonders großer Nachspeisenteller heute – und nach 2 Schnäpsen lässt er uns noch nicht gehen. Der Wirt legt wieder mal väterlich eine Hand auf Franks Schulter und sagt zu mir: „he’s a good guy:“ Heute eine Rechnung von 25 Euro (Vorspeise gegrillter Käse, Lamm, Lasagne mit faschiertem Fleisch, 3 mal ½ l Wein. Umsonst lecker Nachspeise, 1/4 l Wein, große 5 Schnäpse). Was mich jeden Tag verwundert hat: wenn ein Gast zahlt, kramt der Wirt ein dickes Knäuel bunt gemischter Geldscheine aus der Hosentasche. Münzen habe ich noch nie gesehen. Taverne Takis werden wir uns noch lange zurückwünschen!