Melnik, Kloster Rozhen

4. August 17. Kleine Erkundungstour mit dem Auto nach Melnik und Kloster Rozhen.

Melnik – die kleinste Stadt Bulgariens – zwischen Ruinen und Weinreben

1880 war Melnik mit 20.000 Einwohnern fast so groß wie Sofia. Der zweite Balkankrieg 1913 zerstörte den Ort fast vollständig. Heute leben hier nur noch 200 Menschen – von Wein und Tourismus. Die Stadt ist berühmt für seine ungewöhnlichen Felsformationen und vor den markanten Sandstein-Pyramiden stehen immer wieder Ruinen. Von den früher fast 4000 architektonisch bedeutsamen Häusern sind nur noch ca 100 erhalten.Jedes zweite Haus ist heute ein Restaurant, eine Pension oder ein Souvenirladen. Oft liegt hinter mancher Taverne ein Weinkeller in den Fels gehauen, um eine gleichbleibende Temperatur zu gewährleisten. Denn das wichtigste Produkt der Gegend ist Rotwein. Die Rebsorte Melnik ist eine der ältesten in Bulgariens und wächst nur hier in der Gegend. Typisch sind die kleinen Beeren mit einer dünnen, dunklen Schale. Der schwere, dunkelrote Wein schmeckt kräftig, intensiv und hat meist über 14 % Alkoholgehalt.

Bei mehr als 40 Grad ist die Besichtigung steil bergauf ganz schön anstrengend. Shoppen macht mir auch keinen Spaß, denn hier werden die Klamotten nicht ausgezeichnet und wenn ja ein Teil mit einem Preisschild versehen ist, steht nichts drauf. So kehren wir erst einmal in einer der zahlreichen Tavernen ein. Wir sagen von vorneherein, dass wir nur etwas trinken möchten. Die Wirtin zeigt uns bereitwillig den Weinkeller hinter der Wirtschaft und ihr Mann legt Oldies aus den 50-er Jahren auf. Die Bänder laufen aber einen Tick zu schnell. Trotzdem gute Stimmung an der kühlen Mauer. Als wir mit 10 Euro das Wasser und das Cola zahlen wollen, sagt die Wirtin sofort, sie habe kein Kleingeld zum Rausgeben, dreht um und läßt uns einfach sitzen. Neuer Versuch – sie schüttelt den Kopf  und geht. Wartet sie darauf, dass wir hier Mittag essen oder Wein kaufen? Nein, so geht das nicht, da bin ich stur. Irgendwann merkt sie, dass mit uns kein Geschäft zu machen ist und sagt, sie ginge jetzt zum Geldwechseln. Nach langer Zeit kehrt sie zurück und wir können endlich zahlen. Hierher kommen wir gewiss nicht zum Abendessen!

Kloster Rozhen bei Melnik

Das Kloster von Rozhen, eines der schönsten und ältesten orthodoxen Klöster Bulgariens, ist vor allem aufgrund seiner kunstvollen Wandmalereien und Ikonenbildnisse aus dem 16.Jhd. sehenswert.

Die Ursprünge des Klosters gehen angeblich auf das Jahr 890 zurück. Leider ist das Photographieren im Innenraum der Kirche streng verboten. Die Fresken zeigen meist Heilige oder Geschichten aus der Bibel und wurde von ihren Schöpfern unglaublich komplex und detailliert gemalt. Lediglich auf die Füße haben diese Künstler wenig Augenmerk gerichtet. Oft wurden Füße einfach als rotbraunes Oval gemalt mit zwei dünnen, dunklen Längsstrichen darüber. So gerne hätte ich den Heiligen mit dem Eselskopf im Bild festgehalten, so etwas haben wir noch nicht gesehen. Die Wandmalerei in dieser wenig besuchten Klosterkirche hat mir heuer am besten gefallen, und ich kann nicht verstehen, warum dieses Kloster so wenig besucht wird.

Kloster Rozhen  wird nach wie vor von Mönchen bewohnt und die Besichtigung ist kostenlos. Mit den dicken Mauern und dem sechseckigen Grundriss erinnert es an eine Festung. Der lauschige Innenhof wird von Weinreben beschattet. Die wenigen Stände mit Souvenirs müssen weit draußen vor dem Tor stehen und stören so kaum die ruhige, harmonische Stimmung.

Melnik Traube aus dem Weingut Orbelus

Am Rückweg machen wir noch ein Abstecher zum Weingut Orbelus oberhalb des Dorfes, um die berühmte Melnik – Traube in Flaschen nach Kronach zu bringen. Besonders kultiviert wird der Anbau einer traditionellen Rebsorte  dieser Region, Early Melnik. Die Trauben werden handverlesenen. Das Weingut wurde von John empfohlen als Produzent von organic Wein. Den 5 Liter Kanister offenen Wein für 10 Euro will die Dame im Verkauf aber an uns nicht herausgeben, weil er angeblich gerade nicht lieferbar ist. Sie lässt sich aber überreden, eine 3-Liter Edelbox für Restaurants mit einem Cuve‘e-Wein aus dem Lager zu holen und an uns zu verkaufen. Den Flaschenwein mit Melnik machen wir erst zu Hause auf.

Wiederum bin ich erstaunt ob der Widersprüchlichkeit vom ärmlichen Ort Kromidovo und der exclusiven Anlage des Weinguts Orbelus.

Abfrischung

Nachdem wir im 18 km entfernten Sandanski noch im Kaufland (Preise wie in Deutschland) Fleisch, Gemüse und Sößla für unseren Tischgrill eingekauft haben und alles im Kühlschrank verstaut ist, brauche ich, bei Temperaturen jenseits von 40 Grad, dringend ich eine Abkühlung. Am Ende der Straße ist ein Mineralwasser-Schwimmbad. Meine Abneigung gegen Schwimmbäder ist augenblicklich weg: kein Chlor, fast keine Leute, keine unerwünschten Spritzer von lärmenden Kids. Tut das gut. Nur die Toiletten sind gewöhnungsbedürftig. Frank begleitet mich in den Biergarten, da am Campingplatz momentan kein Schatten ist und der Kühlschrank das Bier nicht so richtig kühl kriegt.

Am Rückweg sehen wir in Bäumen selbstgeknüpfte Bändchen und Püppchen hängen, meist in Rot und Weiß. Nach dem Grillen sitzen wir noch mit John, Sara und zwei jungen Pärchen aus NL, B und F zusammen. Sara erklärt uns, dieser bulgarische Brauch mit den Puppen bedeutet, dass der Storch bald Nachwuchs bringen möge.