Montag, 8. August 16 – zum Tara Canyon
Geschlafen haben wir bei dieser Ruhe und der frischen Bergluft hervorragend und so machen wir uns gut ausgeruht auf Entdeckertour. Zum Frühstück schnell noch eine Tasse Kaffee im Wohnwagen – Brötchen gibt es hier nicht.
Der Cherokee braucht auch dringend neuen Treibstoff und so geht der erste Weg nach Zabljak. Der Liter Diesel kostet 94 Cent. Erstaunt sehen wir heute bei Tageslicht, wie doch unsere Vorstellung nach dem Gelesenen mit der Realität in Widerspruch steht. In Berichten stand, die Ortschaft Zabljak sei ein kleines, verträumtes Bergdorf in der bezaubernden Schönheit des Durmitor Gebirges, eingebettet in eine traumhafte Naturlandschaft, zwischen himmelhohen Berggipfeln, Gletscherseen in unberührter Wildnis, ein reichlicher Raum, um wieder mit der Natur eins zu werden. Was stimmt ist die Höhenangabe. Zabljak ist höchstgelegene Stadt auf dem Balkan, auf 1.450 m Höhe ist es die höchste Siedlung in Südosteuropa. Im Zweiten Weltkrieg wurde die kleine Dorfstadt fast vollständig zerstört und dann wieder völlig neu aufgebaut. Danach entwickelte sich Zabljak zu einer Touristenstadt. Heute ist es ein führendes Wintersportzentrum in der Region mit ungefähr 120 Schneetagen im Jahr. Jetzt verstehe ich auch, warum die Straßen so super ausgebaut werden konnten – von Podgorica nach Zabljak fährt man jetzt normal nur noch 2 Stunden.
Kurz hinter Zabljak
Danach sehen wir uns den 2. Campingplatz an, der hier empfohlen wurde: Camping Ivan Do, der kurz hinter dem Städtchen liegt. Nach Besichtigung sind wir mit unserem Platz und dem kleinen Sanitärhäuschen sehr zufrieden. Wir wären mit unserem Gespann wahrscheinlich nicht einmal die vom Regen ausgespülte Forststraße hochgekommen und wir lassen sogar den Jeep lieber unten am Waldrand stehen und gehen ca. 10 Minuten zu Fuß. Die Anlagen vom Ivan Do sehen katastrophal aus, voller Müll und das Waschhaus mit Schimmelpilzen. Andererseits besticht der Blick auf eine wunderschöne Bergwelt, ruhig und idyllisch gelegen, für leichte Wanderungen oder Mountainbike Touren bestimmt ein guter Ausgangspunkt.
Also, das ist momentan keine Alternative und wir gehen, mit dickem Matsch an den Schuhen, zum Auto zurück. Hier hat sich das Bild zwischenzeitlich ziemlich verändert. Dutzende von Autos und Touristenbusse versperren uns die Ausfahrt. Jetzt erst bemerken wir, dass von hier aus auch ein kostenpflichtiger Weg zum Nationalpark Schwarzer See ab geht und wir müssen etwas Geduld haben.
So, wir kommen wieder raus und jetzt machen wir uns auf den Weg zu den eigentlichen Highlights hier im Durmitor.
Zugegeben, ichhatte mir diese Ecke der Welt völlig anders vorgestellt. Weitab entlegen im äußersten Nordosten Montenegros und angeblich schwer zugänglich. Aber dann – ein Wintersportort mitten im Sommer! Die Highlights warteten aber ja noch in der Umgebung: Fahrt über die Gebirgsstrecken und Wildwasserrafting auf der Tara. (Anm. d. Ehem.)
Die Tara-Schlucht
Wildwasser-Rafting auf dem Fluss Tara gilt als eine der beliebtesten und aufregendsten Aktivitäten, die in Montenegro möglich sind. Viele Wasserfälle und über 50 Stromschnellen versprechen großen Nervenkitzel. Frank will unbedingt dieses Abenteuer eingehen, wobei ich da große Vorbehalte habe, weil mir die Tour zu wild erscheint und außerdem ist es mir viel zu kalt. Da diese Wildwasserfahrt aber das Highlight Nr. 1 für Frank ist, werde ich wohl nicht so einfach kneifen können, meinen ganzen Mut zusammennehmen und kein Hasenfuß sein.
Wir haben gelesen, dass man diese Rafting-Touren am besten bei der Tara-Brücke buchen kann. Die Beschilderung hierher ist vorbildlich und in einer halben Stunde kommen wir an.
Die Tara-Brücke ist eine der am meisten besuchten Attraktionen im Land. Als sie 1941 fertig gestellt wurde, war sie die die größte Stahlbeton-Bogenbrücke für den Straßenverkehr in Europa bei einer Höhe von 172 Meter. Hier ist eine der wenigen Möglichkeiten, die Tara beim Fließen durch die Schlucht zu sehen. Sonst sind die Uferböschungen sehr unzugänglich und es gibt keine andere Straße entlang des Flusses. Die bis zu 1300 Meter tiefe und 80 Kilometer lange Schlucht ist nach dem Grand Canyon des Colorado in den USA die tiefste Schlucht der Welt! Wegen des blaugrünen, kristallklarem Wasser wird sie auch als „die Träne Europas“ bezeichnet.
So ist die Brücke auch heute Ziel vieler Schaulustiger, die über die 350 m lange Brücke flanieren. Nur Frank wird von Höhenangst überfallen und zieht es vor, in einem der Restaurants die einzigartige Aussicht im Sitzen zu genießen. Da mich Souvenirs wie Magnete, Tassen, handgefertigte Teppiche, T-Shirts usw. nicht interessieren, gehe ich eben alleine über die Brücke und knips ein paar Bilder.
Vielleicht sollte ich mal erwähnen,dass ich nicht so richtig schwindelfrei bin. Meine Schmerzgrenze liegt etwa bei der Höhe eines Garagendachs. Deshalb verzichtete ich gerne auf eine ausführliche Brückenbesichtigung und zog es vor, die Aussicht aus einem Restaurant zu genießen – natürlich mit einem Sicherheitsabstand zum Geländer. Den Zugang zur Raftingstation hatte ich auch ausfindig gemacht. Das Problem: die Ablegestelle war unten in der Schlucht, ich war aber oben! Nach kurzer, reiflicher Überlegung kam ich zu dem Entschluss: Rafting ist gestrichen! Und überhaupt wars fürs Wasserplantschen viel zu kalt. (Anm. d. Ehem.)
Eine weiterer sportlicher Nervenkitzel erfreut sich hier großer Beliebtheit: ZIP-LINE oder auch genannt: Adrenalinexplosion.
Nun geselle ich mich zu Frank, der sich den Abstieg zur Tara genau angesehen hat und freue mich riesig über seinen neuen Urlaubsplan: Wildwasser-Rafting gestrichen!
Weg vom Tourismus
Am Heimweg suchen wir noch nach Momenten, unberührte Natur mit mannigfaltiger Flora und alte, verträumte Bergdörfer zu finden, und können ein paar Impressionen beisteuern:
Im Durmitorgebirge soll es mehr als 1500 verschiedenen Pflanzen- , 160 Vogel-, 300 Tierarten geben und über 130 Schmetterlinge.
Abends fahren wir nicht mit dem Auto zum Abendessen nach Zabljak, sondern gehen den Forstweg durch den Wald, den die netten Fräuleins in der Rezeption erklärt haben. So kann man gemütlich ein Weinchen trinken und durch den steilen Anstieg nach Zabljak hat man ungefähr das halbe Essen gleich wieder verdaut. 😉
Fremdenzimmer gibt es hier für 9 € pro Nacht.